RAVE UP - VIENNA'S INDEPENDENT SHOP  - 1060 WIEN, Hofmühlgasse 1, Tel. 01 596 96 50

Liebe Freunde, liebe Kunden,

 

es sind wahrlich unselige Zeiten, in vielerlei Hinsicht, auch für uns. Wir von Rave Up Records haben wochenlang für das erste Quartal gearbeitet, vieles vorbereitet, und endlich sind die LP-Neuerscheinungen da. Wir haben also, wie die Bauersleute, das Feld gut bestellt für das laufende Jahr – doch nun liegen die ersten Früchte auf Lager und können nicht verkauft werden. Das bedeutet volle Regale, aber gegen null tendierende Einkünfte und das bewährte Team in Kurzarbeit. Was ist schon das bisschen Onlinehandel gegenüber einem realen Ort des informativen, anregenden Gesprächs mit all den Plattenliebhabern/innen, das gemeinsame Hören von Neuerscheinungen, das neugierige, genussvolle Blättern in den Plattenkisten? Also allem, was ein gutsortiertes, mit Leidenschaft betriebenes Geschäft ausmacht. Da kann man schon mal trübsinnig werden! Doch wer uns kennt, weiß, dass uns solch schwierige Situation nur noch mehr anspornt. Denn, um einen Satz von Friedrich Nietzsche aufzunehmen, „ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum“. In diesem Sinne ist der aktuelle Newsletter auch eine nachdrückliche Botschaft an euch, weiterhin dem Unerwarteten entschlossen und gleichsam gelassen entgegenzutreten. Glücklicherweise denken unsere Lieferanten ähnlich und haben uns mit herrlichen neuen LPs, CDs und Limited Editions versorgt, damit diese letztlich doch noch den, wenn auch verengten, Weg zu den Hörern finden. Und wie man hört, erscheint doch ein österliches Licht am vermeintlichen Ende des Tunnels. Denn der Fahrplan der Regierung steht vorläufig mal bis Ende April 2020 fest! Ab 14. April sollen kleinere Geschäfte bis 400 Quadratmeter wieder öffnen dürfen, also auch das Rave-Up. Veranstaltungen können jedoch bis mindestens Ende Juni nicht stattfinden. Die Regelung für den Sommer wird dann Ende April entschieden werden. Nach dem Ende dieses Fahrplans soll es ein Fest geben mit ganz speziellen Instore-Gigs. 32 Jahre Rave Up sind eine verdammt lange Zeit, und wir hoffen trotz dieser prekären wirtschaftlichen Lage auf viele weitere Jahre. Mit Hilfe der Förderungen von Bund und Land und vor allem durch eure unschätzbare Treue hoffen wir, gut durch die kommenden Monate zu kommen.

 
…unsere Empfehlungen in Zeiten von Corona:
 
THUNDERCAT – it is what it is

THUNDERCAT
it is what it is LP/CD

Wie wir es von Stephen Lee Bruner gewohnt sind, ist das Album dicht und schroff. Breakbeats und Bass-Riffs kommen mit 100 Meilen pro Stunde auf uns zu. Üppige, schimmernde Synth-Pads und Falsett-Vokalharmonien versetzen uns auf eine ätherische Ebene, und die vielen hochkarätigen Mitarbeiter überhäufen uns dabei mit einem grandiosen Off-the-Wall-Feature. Am Ende des Albums ist die Stimmung von einer fatalistischen Party in Niedergeschlagenheit übergegangen. Immer wieder singt Thundercat das Titel-Mantra „It Is What It Is“, das in den letzten vier Songs neu kontextualisiert wurde. Er benutzt es, um zu versuchen, unerwiderte Liebe, den Tod seines Freundes Mac Miller und sein gebrochenes Herz wegzuschütteln. Das Album wird dann bei einem ungelösten Jam einfach ausgeblendet. Das Fehlen von Katharsis unterstreicht das düstere Pathos der zweiten Hälfte – verdammt, ich bin traurig. Ich denke, ich muss einfach weitermachen. Es ist, was es ist. Obwohl Thundercat im letzten halben Jahrzehnt zum Superstar aufgestiegen sein mag, obwohl er von einer ganzen Reihe brillanter Musiker aus der Jazz-Fusion- und HopHop-Welt begleitet wird, ist „It Is What It Is“ eine sehr einsame Platte. Kann jemand diesen Kerl bitte umarmen?

THUNDERCAT - innerstellar love
PEARL JAM – gigaton  2 lps/

PEARL JAM
gigaton 2 lps/ CD

Es ist fast drei Jahrzehnte her, dass Pearl Jams 16 Mio. Mal verkauftes Debütalbum „Ten“ veröffentlicht wurde. Auf einer Ebene: natürlich ist es das. Gibt es etwas Pikanteres als die Videos der Singles „Jeremy“ und „Alive“, die an die fernen Momente erinnern, als Grunge von einer eigenwilligen Verschmelzung von US-Punk, altmodischem britischem Indie und einer unverhohlenen Liebe zum Hardrock der 1970er Jahre zu einem großen Mainstream-Problem wurde? Das waren teure Aufnahmen der Entfremdung in der Highschool – vollgepackt mit handgezeichneten Worten wie „stören“, „taub“ und „Problem“, die über den Bildschirm blitzten – und Pearl Jam in ihrem frühen Live-Pomp, einem Aufruhr von rückwärts aufgesetzten Kappen, schmerzhaftem Ausdruck und Plaid. Die mitreißende Botschaft ist wirkungsvoller und ansprechender, als wir uns das vielleicht erwarten. Man muss kein Breitbart-Abonnent sein, um sich ein wenig enttäuscht zu fühlen von der Aussicht auf ein anderes Album, das ausruft, Donald Trump sei ein Arschloch: Wenn euer Geschmack an US-amerikanischem Rock nicht zu Ted Nugent und Kid Rock tendiert, habt ihr diesen Punkt zigmal gehört. Es sagt etwas über Pearl Jams neue Dynamik aus, dass sie originelle Wege gefunden haben, es auszudrücken. Die Menschen, die mit „Quick Escape“ die Erde verlassen, beschweren sich müde über „die Länge, die wir gehen mussten ... um einen Ort zu finden, den Trump noch nicht beschissen hatte“. Seven OʼClocks Gag über Trump als indigenen amerikanischen Anführer „Sitting Bullshit“ ist ziemlich gut, die Art und Weise, wie die Lyrik vom Scherzen zu einer eindringlichen Fantasie von verwundeter, erschöpfter Kraft übergeht und Schläge „mit nichts zu schlagen wirft“ noch besser. Nach dreißig Jahre Karriere wird Pearl Jam garantiert noch lange nach Trump da sein.

PEARL JAM - who ever said
PEARL JAM - comes then goes
DISQ – collector

DISQ
collector LP/CD

Nicht nur ihre musikalischen Fähigkeiten und ihre Fangemeinde haben erkennbar zugenommen, auch ihr Personal hat sich von einem puristischen Duo zu einem starken fünfköpfigen Kollektiv entwickelt. Die Band ist zwar immer noch von der ursprünglichen Partnerschaft von Isaac deBroux-Slone und Raina Bock geprägt, die drei Neuen, Shannon Connor (Gitarre, Tasten, Gesang), Logan Severson (Gitarre, Gesang) und Brendan Manley (Schlagzeug), ebenfalls aus Madison, fügen sich aber, wie „Collector“ zeigt, bestens ein. Damit gelingt es der Band, sich über das von Tame Impala verschuldete Debüt „Slone and Bock“, das 2016 auf Bandcamp veröffentlicht wurde, hinaus wirkungsvoll zu verändern. Ähnlich wie das niederländische Trio The Homesick hat Disqu reichlich Erfahrung, sich in einem Zustand relativer Isolation zu formen und zu entwickeln, in ihrem Fall in Madison, dessen Hintergrund wesentlich ihre bisherige Reise beeinflusst hat. Die Erweiterung an kreativem Potenzial bei gleichbleibendem Ortsbezug hat ihrem Sound aber gutgetan. Die Direktheit, mit der Slones intime Gedanken zwischen Poesie und depressivem Geschwafel nun zum Ausdruck kommen, ist auch ein Hinweis auf dieses lebhafte lokale Merkmal. Die Herausforderung wird sein, diese Ästhetik in Zukunft weiterzuentwickeln, insbesondere nach der Veröffentlichung einer so hervorragenden Platte wie „Collector“.

DISQ - I wanna die
DISQ - konichiwa internet
ERIC (SHOWBOY) AKAEZE AND HIS ROYAL ERICOS – ikoto rock

ERIC (SHOWBOY) AKAEZE AND HIS ROYAL ERICOS
ikoto rock LP/CD

Und wieder ein Afro-Beat-Klassiker, der Nigeria mit dem Tag seiner Veröffentlichung eigentlich nicht verlassen hat. Eric Showboy Akaeze war ein ehemaliger Bigband-Anführer, der in der nigerianischen Szene groß angesagt war. Das lief hauptsächlich in der Hauptstadt Lagos in den 1960er und besonders 1970er Jahren, nachdem die Militärjunta die Macht übernommen hatte. Hier war ein neuer Musikstil entstanden, der innerhalb der ethnisch vielfältigen Bevölkerung Nigerias Afro Beat, westlichen Rock und Funk, Rocksteady und Soul mit Elementen indigener Rhythmen und Melodien zu mischen versuchte und so nachdrücklich auf das afrikanische Erbe verwies. Er wurde „Ikoto“ genannt, was das nigerianische Wort für einen Spinner ist – aufgrund seines Tanzstils, in dem er sich während der Shows wie verrückt drehte. Eric Showboy Akaeze war ein außergewöhnlicher Tänzer und Schausteller, und, was uns am meisten interessiert, er war ein wunderbarer Bandleader und Musiker. Trotzdem drückt dieses Album ein rohes, ehrliches Gefühl aus, was es zu einem siedenden und intensiven musikalischen Gebräu macht. Die beiden Bonustracks sind hier vielleicht die zugänglichsten und einprägsamsten, da sie für eine 7-Zoll-Veröffentlichung konzipiert wurden, aber dennoch so lang wie möglich sind. Man wird hier keine 3-Minuten-Popmusik finden, denn die Kraft der Aufführung ist erstaunlich. Höchst vitale Musik, die es verdient, wiederentdeckt zu werden und die Herzen und Seelen einer neuen Generation in Brand zu setzen.

ERIC (SHOWBOY) AKAEZE AND HIS ROYAL ERICOS ‎- ikoto rock
ERIC (SHOWBOY) AKAEZE AND HIS ROYAL ERICOS - wetin dey watch goat, goat dey watcham
MAVI PHOENIX ‎ – boys toys

MAVI PHOENIX ‎
boys toys LP/CD

Mavi Phoenix ist eine Antithese zum prolligen und profitorientierten deutschsprachigen Rap. Bei ihm gibt es keine frauenverachtenden Texte, sondern eine humorvoll umgesetzte Innenschau. Dabei wird zwar nicht immer jeder Ton perfekt getroffen. Doch der Sound seines Produzenten Alex The Flipper macht das wieder wett. „Boys Toys“ orientiert sich an den großen Hochglanzproduktionen des Genres und ist damit eher Hollywood als Alpenland. Man hört darauf breite Trap-Beats, aber auch eine bekiffte Gelassenheit, die an den Cloudrap erinnert. Außerdem wird die Stimme von Mavi Phoenix mit Effekten verändert, was stellenweise ein bisschen zu viel Spielerei ist. Manchmal klingt er sogar wie eine Comicfigur. „Just because my voice is high, doesn’t mean I’m not a guy“, so „Boys Toys“, neben dem Albumtitel auch Mavi Phoenixʼ kindlichen Alter Ego, das immer wieder als Kommentator in den Stücken auftritt und sogar einen eigenen Instagram-Account hat.

MAVI PHOENIX - boys toys
MAVI PHOENIX - fck it up

…und das gefällt uns auch noch:

SIGLO XX – aiglo xx LP
LITTLE DRAGON – new me, same us LP/CD
MR. SCRUFF – dj kicks 2LPS/CD
DIRTY ROTTEN IMBECILES – greatest hits LP
VARIOUS – women of doom LP
VARIOUS – taiwan disco: disco divas, funky queens and glam ladies from taiwan in the 70s and early 80s LP/CD
KIKAGAKU MOYO ‎ – forest of lost children LP
TURBONEGRO – never is forever LP/CD
TURBONEGRO – hot cars & spent contraceptives LP/CD
BRANT BJORK – brant bjork / punk rock guilt / gods & goddesses LP/CD

 
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