RAVE UP - VIENNA'S INDEPENDENT SHOP  - 1060 WIEN, Hofmühlgasse 1, Tel. 01 596 96 50

Liebe Freundinnen und Freunde und Music Lover, werte Stammkundschaft,

 

permanent sind wir bewegt, berührt von der Welt um uns, und wollen unsere Befindlichkeiten auch mit anderen teilen, am liebsten sofort und mit möglichst vielen. Pathos ist überall, Pathos bedeutet auch Macht, und Pathos kann zu Veränderung führen. Wenn die richtige Person zum richtigen Zeitpunkt im richtigen Tonfall in der richtigen Intensität das Wort ergreift. Und ja, Pathos kann manipulieren. Denn es gehört neben dem Logos und dem Ethos zu den drei Säulen der Überzeugung. Logos ist das Argument in der Rede, Ethos die Glaubwürdigkeit und der Charakter des Redners, und das Pathos ist das Gefühl, das bei den anderen hervorgerufen werden soll, damit das Argument auch auf fruchtbaren Boden fällt. Dass das Pathos im stärker in den Vordergrund rückt, hat auch mit der intensiven Nutzung sogenannter Sozialer Medien zu tun. Auf Twitter und Facebook kam man das eigene eingebildete Drama wirksam in, oft dürftige, Szene setzen. Und wenn die eigene Bewegtheit auch andere bewegt, dann kommen Dinge scheinbar ins Rollen. Pathos ist somit auch Macht, so der große Jello Biafra, und Pathos bewirkt Veränderung, wie bei Serpentwithfeet. Man denke nur an die allgegenwärtige Form der Unterhaltungsindustrie, das Streamen, das längst auch die Geldflüsse in der Musikindustrie bestimmt. Und so für eine noch effizientere Lenkung des gewünschten und verwertbaren Musikgeschmacks sorgt. Mehr als ein Grund, uns in diesem Forum wieder an unseresgleichen zu wenden. An all jene, die, sagen wir es vereinfachend, ,guteʻ Musik hören, ,guteʻ Musik lieben, Musik ,verstehenʻ. Und ja, es hat schon auch mit dem Wunsch zu tun, dass eben gerade jene, die ihr Pathos mit einer wie auch immer großen Öffentlichkeit teilen möchten, dessen Wirkung doch gefälligst mitreflektieren. Klar: jedem sei es unbenommen, sich in seinem Leid zu suhlen und es mit anderen zu teilen, das gehört wohl zu uns als soziale Wesen. Aber es bleibt die mehr denn je dringliche Frage, wie weit das Private zu etwas Öffentlichem werden soll. Denn in dem Moment, wo es via entgrenzte Medien öffentlich wird, beginnen die Verstrickungen im Netzwerk unkontrollierbarer Macht. Dann helfen auch keine selbstbezogenen Verschwörungserzählungen mehr, um das Desaster der gewünschten Intention, nämlich möglichst viele Menschen zu erreichen und Dinge in Bewegung zu bringen, zu entkräften. Unsere Empfehlungen für die zweite Märzhälfte hingegen wollen in einem guten Sinne andere erreichen und etwas in Bewegung bringen!

JELLO BIAFRA & THE GUANTANAMO SCHOOL OF MEDICINE – tea party revenge porn

JELLO BIAFRA & THE GUANTANAMO SCHOOL OF MEDICINE
tea party revenge porn LP/CD

Ein Paradox des dritten Albums von Jello Biafra und The Guantanamo School of Medicine ist es, dass die darin angedeuteten Besonderheiten im Zusammenhang mit der jüngsten US-Präsidentschaftswahl es trotzdem zum zeitlosesten Album der Band machen. Die titelgebende Nummer „Tea Party Revenge Porn“, die sich auf die einflussreiche rechtskonservative Teebeutelbewegung bezieht, zeigt uns einen bekannt kraftvoll und politisch kämpferisch auftretenden Jello Biafra. Stimmlich agiert er nach wie vor in Topform. Das beweisen die mitunter zappaesk klingenden Punk-Reggae-Songs allesamt eindrucksvoll. Und er schafft es wieder einmal, Emotion und Analyse so gekonnt zu verbinden, dass seine politischen Statements nie zu plakativ wirken. Jello Biafras Karriere hatte viele künstlerische Highlights und Wendungen, aber „Tea Party Revenge Porn“ erscheint in seiner Gesamtheit als der – so hoffen wir, vorläufige – Gipfelpunkt. Und zudem eine seiner rockigsten Platten!

we created putin
tea party revenge porn
EL MICHELS AFFAIR – yeti season

EL MICHELS AFFAIR
yeti season LP/CD

El Michels Affair meldet sich mit einem neuen Album stark zurück. „Yeti Season“ bietet alles, was wir von EMAs patentiertem filmischem Stil instrumentaler Soulmusik erwarten. Während „Adult Themes“ quasi einen Soundtrack zu einem imaginären Film abgab, bringt uns „Yeti Season“ an einen anderen Ort in der Zeit – mit neuen Inspirationen. Vor uns türmt sich eine östlich-phantastische Melange aus türkischem Funk und Mumbai-artigem, spirituellem Klangkosmos. Leon Michels erklärt, dass Piya einen entscheidenden Einfluss auf diese Platte hatte: „Als Piya anfing, auf Hindi zu singen, hatte sie eine andere Stimme, einen anderen Ton. Ich wusste, dass wir etwas zusammen machen mussten.“ Und so erscheint Piya in drei weiteren Songs: „Zaharila“, „Murkit Gem“ und „Dhuaan“, jeder mit ganz unterschiedlichen Signaturen. „Zaharila“ ist wie ein Gebäude, ein dramatisiertes Liebeslied, getragen von dröhnenden Trompeten, treibenden Trommeln und Piyas flehender Stimme, während bei „Murkit Gem“ eine verschwommene, Wu-Tang-ähnliche Bassline und darübergelegte psychedelische Gitarrenklänge Piyas Gesang über eine verzehrende Liebe begleiten. Sehr atmosphärisch!

murkit gem
dhuaan
SERPENTWITHFEET – deacon

SERPENTWITHFEET
deacon LP

Das Album „Deacon“ wurde nach einem Umzug nach Los Angeles aufgenommen, wo Serpentwithfeet eine neue Art von Ruhe genoss. Er beschloss von vornherein, die ausgetretenen Pfade von Herzschmerz zu meiden und lyrisch mehr Risiken einzugehen. Der Albumtitel bezieht sich auf jenes christliche Kirchenamt, das unterstützend, aber durchaus auch predigend ihr dient. „Ich wollte etwas schaffen, das sich ruhig und zurückhaltend anfühlt. Auf diese Weise konnte ich die Energie nutzen, die viele Diakone besitzen“, erklärt Serpentwithfeet dazu. Auch musikalisch hat sich seine Ausrichtung geändert. Nachdem er die Pop-Sprache genau studiert hat, präsentiert er auf „Deacon“ nun eine Pop-Forward-Palette im Vergleich zum experimentellen R & B seiner früheren Veröffentlichungen. „Ich habe mich ursprünglich diesem Projekt genähert, um etwas zu machen, das sich sehr sinnlich anfühlt, etwas viel Weicheres, viel Sanfteres als meine bisherige Arbeit.“

fellowship
same size shoe
STEVE EARLE & THE DUKES – j.t.

STEVE EARLE & THE DUKES
j.t. LP/CD

„Nur so konnte ich mich verabschieden“, sagt Steve Earle von diesem Album im Gedenken an seinen verstorbenen Sohn Justin Townes Earle, einen talentierten Singer-Songwriter aus demselben musikalischen Kontext wie sein berühmter Vater: jene Mischung aus Americana-Einflüssen, schleppendem Gesang und lyrisch-inspiriertem Liedtext. Leider auch die gleiche dysfunktionale Familiengeschichte, was bedeutete, dass Justin schon als Kind kaum seinem Vater sah und sehr früh der Drogensucht verfiel. Im August letzten Jahres starb „JT“ im Alter von nur 38 Jahren an einer Überdosis Kokain. Steve Earle spielt hier zehn Lieder seines Sohnes, darunter frühes Songmaterial wie „Lone Pine Hill“, das bereits signifikante Züge seines späteren, hochgelobten Werks zeigt. Justin Earle bevorzugte dabei eine spärlichere musikalische Form als Earle Senior, oft mit einem Rockabilly-Feeling, wie etwa beim berühmten „Harlem River Blues“ – denn die Dukes, jenes harte, auf der Straße getragene Outfit, neigen dazu, ihre Vielfalt auszubügeln. Steve Earles Versionen bringen diese Songs sehr direkt, pur, kraftvoll und lassen nur gelegentlich ein Gefühl des Verlustes aufkommen. Sein eigenes Lied „Last Words“ hingegen trägt er sehr zurücknehmend, leise vor, und mit dem Trost, dass die letzten Worte zwischen Vater und Sohn „Ich liebe dich“ waren.

lone pine hill
last words
FLOATING POINTS, PHAROAH SANDERS & LONDON SYMPHONY – promises

FLOATING POINTS, PHAROAH SANDERS & LONDON SYMPHONY
promises LP/CD

„Das Saxofon hat etwas mit der Art und Weise zu tun, wie es die Atmung des Spielers verstärkt, sodass es sich anfühlt, als wäre man in seinem Körper. Pharoah spielen zu hören, war, als wäre das Instrument eine Erweiterung seines Körpers, als wäre es ein Megafon für seine Seele“, sagt Sam Shepherd alias Floating Points, der sich für das Album „Promises“ mit dem Altmeister des spirituellen Jazz, Pharoah Sanders, zusammengetan hat. Das neunteilige Werk wurde, als 46-minütiger Track, mit dem London Symphony Orchestra aufgenommen und ist die erste neue Einspielung von Sanders seit mehr als einem Jahrzehnt. Das Ergebnis der Zusammenarbeit des britischen Klangtüftlers mit dem inzwischen 80-jährigen Saxophonisten und einstigen Coltrane-Mitstreiter ist eine Mixtur aus elektronischer, Jazz- und klassischer Musik, in der die ausgefeilte Komposition und spontane Improvisation eine durchaus gelungene Verbindung eingehen.

promises: preface
pharoah sanders announces first album in a decade with floating points
TOMAHAWK – tonic immobility

TOMAHAWK
tonic immobility LP/CD

Nach längerer Absenz gelingt der vor zwei Jahrzehnten von Faith No More-Frontmann Mike Patton sowie Duane Denison, Trevor Dunn und John Stanier gegründeten Supergroup Tomahawk ein kraftvolles, schnörkelloses, experimentierfreudiges Comeback-Album. Es war ein hartes Jahr, gezeichnet von der alles beherrschenden Pandemie, die Menschen wie auch Politik und Medizin schwer überforderte, ja geradezu in eine Art permanenter ,Schreckstarreʻ fallen ließ. Aber der gegenwärtigen Phantasielosigkeit der Welt würde gerade jene visionäre Kraft, die ambitionierte Musik auszeichnet – und „Tonic Immobility“ darf hier getrost hinzugerechnet werden –, nur guttun.

business casual
dog eat dog
ROC MARCIANO – mt. marci

ROC MARCIANO
mt. marci LP/CD

Im Neo-Mafioso-Subgenre des Hip-Hop gibt es niemanden, der Roc Marciano Konkurrenz machen kann, mit der möglichen Ausnahme Freddie Gibbs. In den letzten zehn Jahren hat sich Marciano auf diesem Feld einen legendären Status erarbeitet. Nachdem er Teil des Busta Rhymes Flipmode Squad und der anschließenden Gründung der Hardcore-Hip-Hop-Gruppe U.N. war, hat er viele Jahre damit verbracht, sein eigenes musikalisches Territorium zu erschließen. Marcianos neueste Platte mit dem treffenden Titel „Mt. Marci“ zeigt ihn, wie er über seine Erfolge reflektiert und die Spuren sichert, die er aufgrund dieser jahrelangen harten Arbeit im Rap-Spiel hinterlassen hat. Seine Vorliebe für dunstige wie auch gefühlvolle Stimmungen ist in jedem der 16 Titel zu spüren. Der Sound auf „Mt. Marci“ bietet eine perfekte Kulisse für die auffallend filmischen, lyrischen Porträts, die der Musiker entwirft. Roc Marciano stellt mit diesem Album klar, dass er nirgendwo anders hin will als nach oben.

mt. marci
butterfly effect
 

…und das gefällt uns auch noch:

DOWNERS & MILK – songs of fear and flight LP/CD
RASENMÄHER – kardinator LP/CD
BLÜMCHEN BLAU – das waren keine hits 7inch
ROKY ERICKSON – the evil one (ltd. purple haze vinyl) LP
MARK LANEGAN BAND – another knock at the door (iyeara remixes) LP
MAINLINER – dual myths LP
THE WEDDING PRESENT – locked down & stripped back LP/CD
DIABAR – gestu de dakar LP
RUEHMLING & RIED – lichtwechsel lieder des theaters CD
PEARL JAM – mtv unplugged LP
THE CLEAN – mister pop LP
THE CLEAN – unknown country LP
THE FALL – the infotainment scan (clear vinyl) LP
THE FALL – middle class revolt (clear vinyl) LP
THE FALL – the twenty-seven points (gtf. clear vinyl) DoLP

 
 
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